Verschlusszeitentester
von Franz-Manfred Schüngel

Verschlussdefekte bei Kameras führen selten zum Ausfall des Verschlusses, normalerweise führen sie zu Überbelichtungen (durch gehemmten Ablauf) oder zu ungleichmässigen Belichtungen (wenn nur ein Vorhang betroffen ist). Daher stellt man den Defekt häufig erst fest, wenn man den belichteten und entwickelten Film in den Händen hält; Tränen der Frustration bewirken dann noch einen weiteren Qualitätsabfall in Form von Wasserflecken.

Um Kameras vor der Benutzung zu prüfen und den Defekt genau festzustellen, ist ein Verschlusszeitentester sehr nützlich. Er wird hinter den Verschluss bei geöffneter Rückwand gehalten und misst beim Auslösen die effektive Verschlusszeit. Es gab ein handliches Gerät von der Firma Calumet, welches für die Verschlüsse in Objektiven von Fachkameras gedacht ist. Um in bezahlbaren Bereichen zu bleiben, ist man als engagierter Amateur eher auf den Eigenbau angewiesen.

Der hier gezeigte Tester ist ein durch eine Verstärkerschaltung verbessertes Modell der noch einfacheren Schaltung, die auf anderen Webseiten gezeigt wird (siehe die Links unten auf der Seite). Man benötigt neben der Elektronik noch ein Gehäuse und einen Computer mit Soundkarte. Weiterhin ist noch eine Software zum Editieren von Audiosignalen notwendig, die man sich aus dem Internet laden kann - normalerweise ist eine Testversion ausreichend. Die "Stereoschaltung" auf der rechten Seite misst die Zeit für jeden Verschlussvorhang einzeln, die einfache Schaltung links sollte in den meisten Fällen ausreichen.
 
R1
R2
R3
R4
R5
T1
T2
10k
47k
1k
100k
100k lin
BPY62
BC557

Bei der Monoversion (linke Schaltung) wird am Klinkenstecker nur ein Kanal belegt. Als Spannungsquelle wird eine beliebige 1,5 V-Batterie verwendet (z.B. eine Mignonzelle), alternativ kann die Spannung an einem USB-Port des Rechners abgegriffen werden. Statt des von mir verwendeten, etwas trägen BPW40 kann man mit Vorteill einen BP101 (BPY 62-III) verwenden, aufgrund der schnelleren Schaltzeiten werden die Signale sauberer (Basis nicht anschliessen). Statt des BC557 kann man auch einen beliebigen anderen FWW-pnp-Transistor verwenden, und statt des Potentiometers der Stereoschaltung auch zwei Widerstände.
 

So sieht die Schaltung aus, wenn man sie kompakt auf einer Lochrasterplatine zusammenbrät. Die Kabel gehen zur Batterie und zum Klinkenstecker.

Der Klinkenstecker wird an den Mikrophoneingang einer Soundkarte angeschlossen. Auf dem Rechner muss sich eine Software zum Editieren von Audiosignalen befinden. Eine Freeware- oder Testversion oder dergleichen reicht normalerweise aus. Man benötigt nur eine Anzeige des Audiosignals und keinerlei Abspeicher- oder Editierfunktionen.

Bei der Messung muss sich der Phototransistor möglichst dicht am Verschluss befinden (geöffnete Kamerarückwand), ein Objektiv ist nicht nötig. Die Kamera wird gegen eine Lichtquelle gerichtet, die Audiosoftware auf Aufnahme gestellt und der Verschluss ausgelöst. Das Ergebnis kann dann so aussehen:
 

Hierbei handelt es sich um eine deutlich zu kurze 1/250 s. Man markiert den Bereich vom Beginn des Signals bis zum Beginn der Abklingkurve. Wenn das Signal zu schwach oder zu stark (abgeschnitten) ist, kann man die Lichtquelle stärker oder schwächer wählen. In diesem Fall kann man an der Skala unten ablesen, dass der Verschluss rund 3,2 Millisekunden offen war. Um sich die Umrechnerei auf die entsprechenden Verschlusszeiten zu sparen und um das Ergebnis zu dokumentieren, ist ein Messprotokoll sehr nützlich. Hier kann man sich ein Formular herunterladen:
 

verschlusszeitentest.pdf (68 kB)

Für jede Verschlusszeit (senkrechte Linie) kann man die entsprechende gemessene Zeit als Punkt eintragen. Die grau eingedruckten Werte in Sekunden oder Millisekunden helfen dabei, jeder Wert gehört zur linken unteren Ecke des Kästchens. Bei dieser Messung macht man also einen Punkt bei 3.2 Millisekunden (oranger Pfeil) auf der Linie, die zur 1/250 s gehört (blau). Am Schluss verbindet man die Punkte und gewinnt so einen schnellen Überblick die Abweichungen, die am linken Rand des Blattes auch in % angegeben sind. Das sieht in diesem Beispiel so aus:

Das ist für einen mechanischen Verschluss ganz in Ordnung, mit dieser Kamera hat es auch noch keine Probleme gegeben. Dennoch sind die Abweichungen recht deutlich.
Die entstehende Linie sollte sich in etwa im vorgegebenen Kanal bewegen (+/- 10% für lange Verschlusszeiten, +/- 20% für kurze), jedoch hängt dies vom Verschlusstyp ab (mechanisch/elektronisch, Zeitenbereich usw.), sodass diese Vorgabe nicht allgemein verbindlich ist.
 

Hier noch die Messung von 1s, der längsten Verschlusszeit dieser Kamera. Sie stimmt erstaunlich genau. Die Oszillation kommt von der Netzfrequenz, was auch gleichzeitig zeigt, dass Neonröhren nicht gerade die intelligentesten Lichtquellen sind. Mit Tageslicht dürfte das ein wenig aufgeräumter aussehen.

Links

Shutter Speed Tester for Photographers by Robert Monaghan
Calibrating Your Shutters by Andrew Davidhazy
Wie man mit einer Soundkarte und einer 5,-DM-Schaltung Verschlusszeiten misst


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(c) 2003 by Franz-Manfred Schüngel