Die richtige Belichtung III
von Franz-Manfred Schüngel

Zur realistischen Bildwiedergabe muss der Effekt der Belichtung linear abhängig von der Lichtmenge sein. Die Unterschiede in der Bildaufzeichnung - chemisch oder elektronisch - lassen sich wie folgt darstellen:
 

Fällt Licht auf einen Film, verhält sich die Schwärzung in einem weiten Bereich linear zur Lichtmenge. Ein gewisses Minimum an Licht ist notwendig, da geringere Lichtmengen keine Schwärzung verursachen, die sich vom sogenannten Grundschleier des Films abhebt. Bei einer zu starken Belichtung verlässt man den linearen Bereich, sodass keine exakte Wiedergabe mehr gewährleistet ist. Allerdings hat das Bild in solchen Bereichen im Gegensatz zum Grundschleier noch Zeichnung; dies ist der Grund, warum Negativfilme eher über- als unterbelichtet werden sollten.

Bei Digitalkameras wird der Grauwert mit Werten von 0 (schwarz) bis 255 belegt - pro Kanal (rot, grün, blau), da die Schwarzweissphase bei Digitalkameras nie wirklich stattgefunden hat. Der Dynamikbereich endet somit an beiden Enden sehr hart, sodass zu dunkle wie auch zu helle Motivteile keinerlei Zeichnung mehr haben.

Die Dynamik eines Digitalbildes wird mit einem Histogramm dargestellt. Hierbei wird die Anzahl an Bildpunkten pro Helligkeit dargestellt, von schwarz (links) bis weiss (rechts):
 

Dominiert ein Helligkeitswert eine grössere Bildfläche, wird man ihn als auffälligen Berg im Histogramm wiederfinden. Sind sämtliche Bildpunkte auf einem Haufen, der nicht auf den Seiten an das Histogramm heranreicht, ist der Kontrast sehr niedrig, und der Dynamikbereich ist unzureichend genutzt. Sind die Bildpunkte auf der Seite am Anschlag, hat man Bildbereiche, in denen man Zeichnung verloren hat. Auf dem obigen Bild ist das nicht der Fall. Hier ist der Dynamikumfang leidlich gut genutzt, durch Nachbearbeitung lässt sich das Bild auch heller, dunkler oder kontrastreicher darstellen, ohne an Zeichnung zu verlieren.

Der oben erwähnte lineare Verlauf ist strenggenommen keine Linie, sondern eine Treppe mit 256 Stufen. Damit (1 Byte) lassen sich 256 Grautöne darstellen, mit 1 Byte pro Kanal rund 16 Millionen Farben. Dies ist genug, damit das Auge angrenzende Farben nicht mehr sauber unterscheiden kann - man gewinnt den Eindruck eines fliessenden Verlaufs. Hat man jedoch ein allzu kontrastarmes Bild, welches man durch Nachbearbeitung entsprechend aufbereitet, wird die Abstufung augenfällig:
 

Bei der Tonwertkorrektur wird das Histogramm auf den gesamten Dynamikbereich gestreckt. Dies kann auch für jeden Kanal (rot, grün, blau) einzeln geschehen, wodurch auch ein Farbstich korrigiert wird. Das Auseinanderziehen sieht man am Bild an deutlichen Abstufungen und im Histogramm an getrennten, einzelnen Stufen oder Linien (Kammeffekt). Verringern lässt sich diese Abstufung durch eine grössere Farbtiefe (mehr als 8 Bit pro Kanal, also 16 oder 32 Bit). Mit professionellen Programmen lässt sich so etwas handhaben, allerdings ist bei Fotos aus dem Flugzeug im Gegenlicht auch damit nicht mehr viel zu retten.

Das Gegenteil tritt auf, wenn der Kontrastumfang des Motivs sehr hoch ist. Durch die Wahl der Belichtung ist es möglich, die Lichter korrekt wiederzugeben, um den Preis, dass die dunklen Bereiche ohne Zeichnung zulaufen. Im Histogramm ist das an der hohen Anzahl schwarzer Pixel erkennbar.
 

Belichtet man auf die dunklen Bereiche, kann man dort alle Details erkennen, allerdings werden die Lichter ohne Zeichnung weiss dargestellt; dementsprechend sind viele Pixel im weissen Bereich des Histogramms:
 

Alle Bildinformationen sammelt nur ein, wer beide (oder noch mehr) Bilder mit dem gleichen Ausschnitt in einer Belichtungsreihe macht. Diese lassen sich zu einem einzigen Bild, in dem die Dynamik entsprechend komprimiert ist, zusammenrechnen. Die Technik wird als High Dynamic Range (HDR) oder Dynamic Range Increase (DRI) bezeichnet. Das Ergebnis kann dann nach leichter Entzerrung und Ausschnittkorrektur wie folgt aussehen:
 

Es gibt spezielle Software für HDR/DRI-Berechnungen, bei umfangreicheren Foto-Bearbeitungsprogrammen ist die Funktion auch integriert. Die Aufnahmen müssen mit gleichem Ausschnitt und Fokus (ab Stativ oder mit aufgelegter Kamera) gemacht werden und dürfen keine bewegten Objekte beinhalten. Eine möglichst umfassende Belichtungsserie ist hilfreich.


Die richtige Belichtung II Index  | Stichwort  |  Empfindlichkeit und Konfektionierung

(c) 2009 by Franz-Manfred Schüngel