Kamerahaltung, Stative
von Franz-Manfred Schüngel

Während einer Aufnahme muss die Kamera möglichst ruhig gehalten werden, da jede Bewegung zu Unschärfen führt. Die richtige Kamerahaltung ist, wenn aus der Hand fotografiert wird, sehr wichtig. Bei einer Querformat-Aufnahme sollte das Gewicht der Kamera von der linken Hand getragen werden, indem die linke Hand mit dem Handrücken nach unten zeigt und die Kamera aufliegt. Mit dem Daumen und dem Zeigefinger kann fokussiert und die Blende eingestellt werden. Hält man die Hand andersherum, kann man die Kamera nicht gut stützen und läuft Gefahr, den kleinen Finger mehr oder weniger bildwirksam mit auf den Film zu bannen. Die rechte Hand umfasst den Griff locker, beim Drücken des Auslösers entspannt und nicht ruckartig vorgehen. Dabei entspannt und stabil stehen.
 
Steht für Hochkantaufnahmen ein Hochkantauslöser zu Verfügung, sollte man diesen auch benutzen und wie beim Querformat vorgehen. Ansonsten sollte die Kamera, wenn man auf die Rückseite guckt, im Uhrzeigersinn ins Hochformat gedreht werden (so dass der Auslöser unten ist), so kann der Ellbogen am Körper abgestützt werden und ragt nicht seitlich heraus. Die linke Hand stützt dabei die Kamera wie im Querformat.

Bei Sucherkameras kommt es darauf an, dass man nichts wichtiges (Objektiv, Blitz, Messfenster) zuhält. Je kleiner die Kamera ist, desto schwieriger kann das sein. Mitunter ist es von Vorteil, mit einer Hand zu fotografieren, da die Kamera auch nicht so schwer ist. Wichtig ist auch hier, dass man sie nicht stärker festhält als nötig, da man sonst zum Verkrampfen und Zittern neigt.

Eine Faustregel besagt, dass beim Fotografieren aus der Hand die Belichtungszeit (in 1/s) nicht länger sein sollte als die Brennweite (in mm). Mit einer langen Brennweite wirken sich Bewegungen der Kamera viel stärker aus, wie sich leicht im Sucher überprüfen lässt, so dass entsprechend kürzere Belichtungszeiten notwendig werden. Aber auch andere Faktoren sind zu beachten, so die "ruhige Hand", die sich mit der entsprechenden Kamerahaltung optimieren lässt, und die gewünschte Qualität. Bei grösseren Abzügen oder gross projizierten Dias werden Unschärfen eher augenfällig, ein Stativ oder kürzere Belichtungszeiten beugen diesen vor.

Anstatt die Kamera in der Hand zu halten, kann ein Stativ verwendet werden. Wegen ihrer nicht gerade einfachen Handhabung erfreuen sich Stative keiner besonderen Beliebtheit. Es hat sich bereits herumgesprochen, dass Stative möglichst stabil und schwer sein sollen, aber der Verwendungszweck darf nicht übersehen werden: Ein kleines, leichtes Stativ, welches man dabei hat, ist viel wertvoller als ein schweres Studiostativ, welches zu Hause geblieben ist. Dies gilt auch gerade für kleine Taschenstative, die sehr wenig Platz benötigen und aufgestellt oder mittels einer Zwinge angeklemmt werden können. Sie sind insbesondere in Verbindungen mit Kompaktkameras sehr nützlich.

Eine Schwingung, wie die Kamera sie beim Auslösen durch den Spiegel- und Verschlussschlag verursacht,  wird durch drei entscheidende Grössen charakterisiert: Ihre Amplitude (der Ausschlag), ihre Frequenz (die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde) und ihre Dämpfung (wie schnell die Schwingung abklingt). Bei der Verwendung von schweren Stativen geht es weniger um ihre Tragfähigkeit, sondern um die bessere Dämpfung. Die Dämpfung eines Stativs verbessert sich auch, wenn die Beine und vor allem die Mittelsäule möglichst wenig (oder gar nicht) ausgefahren werden. Auch ist ein Stativ nur so gut wie der Untergrund: So können Brücken durch den Verkehr recht stark vibrieren, und bei einer Langzeitbelichtung am Strand sollte man sicherstellen, dass das Stativ nicht langsam wegsackt.

Eine Besonderheit sind Einbeinstative. Sie führen zu Unrecht ein Schattendasein. Für Langzeitbelichtungen sind sie naturgemäss ungeeignet, um Verwacklungsunschärfen vorzubeugen, sind sie jedoch ideal. Durch das Schwanken des Einbeins ergibt sich zwar eine Schwingung grosser Amplitude, aber geringer Frequenz. Die dadurch verursachten Unschärfen sind häufig geringer als diejenigen, die ein normales Dreibeinstativ verursacht. Diese führen häufig eine Torsionsschwingung (Drehschwingung) um die Mittelsäule aus, die zwar eine geringe Amplitude, aber eine hohe Frequenz hat (entsprechend dem Zittern) und daher insbesondere bei langen Brennweiten zu stärkeren Unschärfen führt.

Steht kein Stativ zur Verfügung, lässt sich durch Auflegen oder Aufdrücken der Kamera auf einen festen Gegenstand ein ähnlicher Effekt erzielen. Weiterhin lassen sich Erschütterungen durch Verwenden eines Drahtauslösers oder des Selbstauslösers und einer eventuell vorhandenen Spiegelvorauslösung reduzieren.


Verschlüsse und Verschlusszeit  |  Index  | Stichwort  |  Objektive


(c) 1999 by Franz-Manfred Schüngel