Zoomobjektive
von Franz-Manfred Schüngel

Zoomobjektive, früher auch Gummilinsen genannt, sind Objektive mit veränderlicher Brennweite. Sie erfreuen sich in den vergangenen Jahrzehnten einer zunehmenden Beliebtheit und sind heute sowohl bei kompakten Sucherkameras als auch bei Spiegelreflexsystemen weit verbreitet.

Ihr unbestrittener Vorteil gegenüber den Festbrennweiten besteht einerseits darin, dass man gewichts-, platz- und kostensparend quasi mehrere Objektive in einem vereint. Dies ist ein Vorteil bei Kompakt- und Digitalkameras, bei denen man die Objektive nicht wechseln kann, und macht sie für Leute interessant, die viel mit der Kamera unterwegs sind. Der Vorteil, dass der mitunter lästige, vor allem aber zeitraubende Wechseln der Objektive im Rahmen des abgedeckten Brennweitenbereichs wegfällt, ist in Situationen, die hohe Flexibilität erfordern - vom Sportreporter bis zum Hochzeitsfotografen - von hohem Wert.

Diesen Vorteilen stehen aber auch Nachteile entgegen. Die geringe Lichtstärke vieler Zoomobjektive schränkt ihre Gebrauchstüchtigkeit unter schlechten Lichtverhältnissen (Dämmerung, Innenräume) deutlich ein, während die auf dem Markt befindlichen lichtstärkeren Zoomobjektive erheblich teurer, grösser und schwerer sind. Weiterhin ist die optische Qualität von Zooms gegenüber Festbrennweiten deutlich unterlegen. Fast alle Zoomobjektive weisen sichtbare Verzeichnung auf, ausserdem ist ihre Brillanz aufgrund der zahlreichen Glas-Luft-Übergänge schlechter, was bei Gegenlicht zu flaueren Bildern führt. Ist die Bildqualität oberstes Kriterium, kommt man um Festbrennweiten nicht umhin, ebenso, wenn sehr hohe Lichtstärke gefragt ist.

Wer also auf Partys oder anderen gesellschaftlichen Anlässen fotografiert, sportliche Anlässe oder seine krabbelnden Kinder dokumentieren möchte, ist mit einem Zoomobjektiv gut beraten. Wer sich Zeit zum Fotografieren nimmt, gerne Landschaften ins rechte Licht rückt und Dämmerungs- und Nachtaufnahmen machen möchte, sollte sich einen Satz guter Festbrennweiten zulegen. In der fotografischen Lernphase (die, wenn man es ernsthaft betreibt, ein Leben lang dauert) ist auch von Vorteil, dass die Festbrennweite zu erhöhter fotografischer Disziplin zwingt, weil man die verschiedenen Brennweiten bewusster einsetzt. Bei Anfängern beobachtet man häufig, dass sie zoomen, anstatt den Standort zu verändern. Erfahrene Fotografen wählen eine dem Motiv angemessene Brennweite und dann den dazu passenden Standort. Wann man welche Brennweite am besten einsetzt, lernt man am Besten, wenn man mit Festbrennweiten arbeitet.

Die Einstellung der Brennweite bei Zoomobjektiven erfolgt in der Regel über einen Einstellring (Drehzooms) oder durch Ausziehen des vorderen Tubus (Schiebezooms). Die Einstellung über einen Ring wird von der Mehrheit als praktikabler empfunden, geübte Fotografen sind aber teilweise mit Schiebezooms schneller, da man am gleichen Ring scharfstellt und die Brennweite wählt. Eine motorische Einstellung der Brennweite ist nicht vorteilhaft, da sie unpräzise ist und unnötig Batteriestrom verbraucht.

Häufig wird über die Vor- und Nachteile von Fremdherstellern diskutiert. Diese Firmen stellen Objektive für verschiedene Anschlüsse her. Aufgrund ihrer Beliebtheit arbeiten sie mit höheren Stückzahlen und stehen meistens im Ruf, ein deutlich besseres Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. Im Bereich der lichtschwachen Billig-Zooms kann dies auch durchaus zutreffen, da die Kamerahersteller im wilden Preiskampf Objektive herausgegeben haben, die in ihrer Qualität am ehesten Flaschenböden gleichkommen. Wer eine Kamera kauft, um sie ausschliesslich mit einem solchen Objektiv zu verwenden, ist mit einer kompakten Sucherkamera mit Sicherheit besser beraten, da sie ihm mindestens gleiche Qualität zu einem günstigeren Preis in kompakterem Format bietet. Wer reich ist und ein Zoom wünscht, sollte sich ein professionelles Zoom des Originalherstellers zulegen. Sie haben zumeist akzeptable Lichtstärken und eine ordentliche optische Qualität, die bei teuren Zooms auch an Festbrennweiten heranreicht. Wer aus einem kleinen Budget ein Maximum an Qualität herausholen will, ist mit Festbrennweiten am besten beraten. Hat man diese bereits und benötigt ein Zoom zur Ergänzung des Objektivbestands, bekommt hingegen bei Fremdherstellern tatsächlich häufig mehr fürs Geld als beim Originalhersteller.


Weitwinkelobjektive  |   Inhalt  |  Suche  |  Spezialobjektive


(c) 1999 by Franz-Manfred Schüngel