von Franz-Manfred Schüngel
Es gibt Kameras, die speziell für Luftaufnahmen konzipiert sind.
Sie haben meistens ein grosses Filmformat, um möglichst detailreiche
Aufnahmen zu ergeben, sowie Optiken, die speziell auf diesen Einsatzzweck
abgestimmt sind, indem sie auf unendlich korrigiert sind und hohe Auflösungen
bei grossen Blenden liefern.
Da die meisten Leser vermutlich kein Flugzeug besitzen, werde ich allerdings
nur darauf eingehen, wie man als normalsterblicher Hobbyfotograf zu Luftaufnahmen
kommen kann.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Kamera von einem Drachen in
die Luft ziehen zu lassen. Ein grosser Kastendrachen kann dabei schon eine
Spiegelreflexkamera hochziehen, mitunter wird auch eine Kompaktkamera an
einem Lenkdrachen befestigt, was wegen der Vibrationen etwas problematischer
ist. Da man nicht durch den Sucher blicken kann, ist der Ausschnitt Glücks-
oder vielmehr Erfahrungssache. Ein Weitwinkelobjektiv ist empfehlenswert,
ausserdem muss die Kamera über Funk oder dergleichen ausgelöst
werden können. Um den Materialverschleiss in Grenzen zu halten, sollten
Flugerfahrungen mit Drachen vorhanden sein. Die technischen Lösungen
sind vielfältig, eine Suche im Internet nach Kite Aerial Photography
(KAP) liefert viele spezialisierte Seiten.
Eine weitere interessante Möglichkeit besteht darin, einen langweiligen
Linienflug mit Fotografieren zu würzen. Um dabei zu ordentlichen Ergebnissen
zu kommen, muss einiges beachtet werden. Frühes Einchecken ist unabdingbar,
um an einen Fensterplatz zu kommen. Gutes Wetter ist natürlich Glückssache,
ebenso die möglichen Motive an der Route und der Zustand der Fenster.
Diese sind recht klein, bestehen aus mehreren Lagen Kunststoff, welcher
unvergütet, meist zerkratzt und gar nicht auf fotografische Belange
abgestimmt ist. Gern beschlagen sie auch oder setzen sich mit Eiskristallen
zu. |
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Um diesen Bedingungen zu trotzen, ist eine qualitativ möglichst hochwertige
Kamera notwendig. Benutzt man nur eine Optik mit mässiger Abbildungsleistung
unter diesen Bedingungen, ist das Ergebnis so schlecht, dass man Aufnahmen
aus Linienmaschinen schnell für Filmverschwendung hält - sicher
einer der Gründe, warum man so wenig Leute in Flugzeugen fotografieren
sieht. Ich empfehle ein 50 mm-Objektiv mit einer Gummi-Gegenlichtblende
und ohne irgendwelche Filter. Die Gegenlichtblende erlaubt es, die Kamera
direkt an die Scheibe zu drücken. Durch den kurzen Abstand zu den
Scheiben stören Kratzer und einzelne Eiskristalle weniger, und durch
die Gegenlichtblende werden Reflexe aus der beleuchteten Kabine abgeschirmt.
Ausserdem wird die Gefahr des Verwackelns geringer. Längere Brennweiten
können sinnvoll sein, erfordern aber sehr gute Lichtverhältnisse.
Kürzere Brennweiten sind problematisch, da sehr schnell Teile des
Fensterrahmens auf dem Bild erscheinen und Details auf dem Boden sehr klein
wiedergegeben werden. Um nicht allzuviel Himmel abzubilden, ist es meistens
nötig, etwas schräg durch das Fenster zu fotografieren.
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Kleinflugzeuge bei Rundflügen sind sehr gut geeignet, da die Flugzeuge
recht langsam fliegen und nur durch eine einzelne Scheibe fotografiert
werden muss. |
Bei niedrigen Flughöhen und hohen Geschwindigkeiten wie hier beim
Anflug auf Kai Tak in Hong Kong mit einer Boeing 747-400 ist mit Bewegungsunschärfen
zu rechnen. |
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Lake Amadeus im Northern Territory, Flug von Alice Springs nach Perth. |
Bei schlechter Qualität der Fenster (hier eine IL-86 der Aeroflot)
bekommen die Bilder mitunter einen unerträglichen Blaustich; als Schwarzweissaufnahmen
sind diese dann aber unter Umständen durchaus noch zu gebrauchen. |
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Malaga am frühen Morgen kurz vor Sonnenaufgang. Bei schlechten
Lichtverhältnissen sind lichtstarke Objektive notwendig. |
Manche Digitalkameras bieten einen Verwacklungsschutz (Image Stabiliser,
Anti-Shake) durch Gegenbewegungen des Chips oder eines Linsenelements.
Mit diesen Kameras kann man dann unter Umständen sogar unter noch
schlechteren Lichtverhältnissen fotografieren; hier Paris um Mitternacht.
Problematisch sind Lichtreflexe von der Kabinenbeleuchtung. |
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Hat man nicht gerade ein bekanntes Motiv vor der Linse gehabt, kann
später die Frage aufkommen, wo das Foto genau entstand. Ich würde
daher raten, die Zeit zu notieren, zu der Fotos aufgenommen wurden, sowie
die Start- und Landezeit. Häufig liegen Zeitschriften aus, in denen
die Flugrouten abgebildet sind, durch Interpolieren lässt sich so
grob der Ort des Fotos einkreisen. Viel genauer ist die Verwendung eines
GPS-Empfängers, mit dem sich ein Waypoint zum Auslösezeitpunkt
setzen lässt.
Macht man zwei Fotos kurz hintereinander, so können diese anschliessend
aufgrund der Bewegung des Flugzeugs die Szene in 3D wiedergeben, wenn man
durch Schielen oder einen entsprechenden Betrachter mit jeweils einem Auge
ein Bild betrachtet.
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